Schon Mitte der 1970er Jahre begann Dr. Georg Stiebler, der spätere Gründer des KKD e.V., mit großem Engagement das Kobudo in Deutschland bekannt zu machen und systematisch zu fördern. In einer Zeit, in der das Training mit traditionellen Waffen noch weitgehend ein Randthema war, setzte er mutig Impulse, die die Kampfsportszene nachhaltig verändern sollten.
1978 erschien sein erstes Werk: „Bo Karate – Kukishin-Ryu“. Ein Buch, das Pionierarbeit leistete – und bis heute in Neuauflagen immer wieder Leser findet. Bereits ein Jahr später, 1979, folgte der nächste Meilenstein: „Okinawa Kobudo Serie“. In diesem Buch stellte Stiebler nicht nur den Hanbo, sondern auch Waffen wie Sai, Kama, Tonfa, Tekko, Surujin und Nunchaku vor – und öffnete damit vielen Kampfsportlern erstmals die Tür zur faszinierenden Welt des traditionellen Kobudo.
Diese Veröffentlichungen blieben nicht folgenlos: Die Nachfrage wuchs, ebenso das Interesse an Lehrgängen und vertiefender Ausbildung. Am 7. April 1979 organisierte Georg Stiebler – damals Präsident der Nordrhein-Westfälischen Karate Union (NWKU) – den ersten Bo-Lehrgang in NRW. Ein historisches Datum für das Kobudo in Deutschland.
Auch die Deutsche Karate Union (DKU) erkannte den Wert dieser Entwicklung: In mehreren Fachmagazinen kündigte sie nicht nur intensive Lehrgänge mit Dr. Stiebler an (u.a. Ausgabe 5/79), sondern auch die aktive Unterstützung des „Kobudo-Waffenkarate“ durch den damaligen DKU-Präsidenten Karl-Peter Ludwig.
Diese frühen Jahre bildeten das Fundament – auf dem sich der Kobudo Kwai Deutschland e.V. wenige Jahre später gründen konnte.
Quelle: Deutsche Karate Union (1979): "Karate-Aktuell" 7/1979, S.16.
Die Anfänge – Wie alles begann
Es war vor allem das unermüdliche Engagement von Dr. Georg Stiebler, der mit zahlreichen Fachpublikationen und Veröffentlichungen das Kobudo einer breiten Öffentlichkeit in der Kampfsportszene näherbrachte. Seine Arbeiten weckten Neugier, weiteten den Blick – und stießen auf eine wachsende Nachfrage. Die logische Konsequenz? Die Gründung eines eigenen Verbandes.
Am 2. April 1982 war es so weit: In Unna-Billmerich fand die Gründungsversammlung des Kobudo Kwai Deutschland e.V. statt. 15 engagierte Kampfsportler kamen an diesem Tag zusammen – unter ihnen Heinrich Conrads, Willi Stapf, Erich Hüggenberg, Gispert Krebs und natürlich Dr. Georg Stiebler, der zum ersten Präsidenten des KKD e.V. gewählt wurde.
Ziel des neu gegründeten Verbandes war es, das historische Kobudo Okinawas zu bewahren, zu pflegen und aktiv weiterzugeben – nicht als museale Kampfkunst, sondern als lebendige Disziplin mit großer Tiefe und moderner Relevanz.
Mit der Verbandsgründung war auch der Grundstein für eine strukturierte Trainerausbildung gelegt. Dank engagierter Ausbilderinnen und Ausbilder, die aus unterschiedlichsten Budo-Stilrichtungen stammten, konnte der Verband ein starkes Fundament für Schulung und Weiterentwicklung schaffen. Diese Vielfalt ermöglichte es, das Kobudo deutschlandweit zu verbreiten – mit Qualität, Herzblut und einer klaren Vision.
Neue Wege, neue Wurzeln – die stilistische Öffnung des Kobudo Kwai
Im Jahr 1999 begann für den Kobudo Kwai eine neue Ära: Erstmals öffnete man sich bewusst für andere Stile. Bis dahin wurde innerhalb des Verbandes zwar engagiert trainiert, doch das stilistische Spektrum blieb weitgehend unbeachtet. Erst durch den persönlichen Kontakt des damaligen Präsidenten Jürgen Mayer mit Hidemi Tamayose Sensei und dessen Stilrichtung Ryukyu Kobudo Tesshinkan entstand ein neues, klareres Selbstverständnis innerhalb des Verbandes.
Dieser Austausch brachte Bewegung in den bis dahin unbenannten „Kwai-Stil“, der sich fortan bewusster definierte und strukturierte. Die logische Konsequenz: ein eigener Name. So entstand das Gendai Goshin Kobu Jutsu – ein moderner Ausdruck für ein eigenständiges System mit traditionellen Wurzeln.
2001 wurde ein weiteres Kapitel aufgeschlagen: Eine deutsche Delegation, bestehend aus Rainer Seibert und Dirk Lauterwasser, besuchte Okinawa. Der Besuch stärkte die deutsch-okinawanische Freundschaft nachhaltig und führte dazu, dass das Ryukyu Kobudo Tesshinkan unter das Dach des Kobudo Kwai Deutschland e.V. aufgenommen wurde – ein bedeutender Schritt in der stilistischen Erweiterung des Verbandes.
Im selben Jahr eröffnete sich eine weitere außergewöhnliche Möglichkeit: Rainer Seibert und Jürgen Mayer reisten nach San Francisco, um bei Toshihiro Oshiro Sensei zu trainieren. So fand auch das Yamanni Chinen Ryu Kobujutsu seinen Weg nach Deutschland – und in den Verband.
Diese stilistische Vielfalt erforderte strukturelle Anpassungen. Durch grundlegende Satzungsänderungen entwickelte sich der Kobudo Kwai zu einem Dachverband für das Kobudo in Deutschland. Seitdem bietet der KKD e.V. nicht nur eine organisatorische Plattform, sondern vor allem den Raum für stilistisch eigenständiges Arbeiten. Jede Stilrichtung kann sich technisch frei entfalten – mit der Sicherheit eines starken Verbandes im Hintergrund.
2009 folgte ein weiterer Meilenstein: Das ebenfalls von Hidemi Tamayose betreute Shōrin Ryū Karate Tesshinkan wurde in den KKD aufgenommen – ein weiterer Beleg für die kontinuierliche Entwicklung und Offenheit unseres Verbandes. Und wir sind überzeugt: Diese Stilrichtung wird nicht die letzte gewesen sein.
Im Dezember 2024 verstarb unser Präsident und Gründungsmitglied Rainer Seibert plötzlich und für uns alle unerwartet. Mit seinem Tod hat der KKD e.V. nicht nur einen herausragenden Lehrer, Impulsgeber und Gestalter verloren, sondern auch einen Menschen, der mit Hingabe, Herzblut und unerschütterlichem Einsatz den Verband geformt hat.
Doch sein Weg geht weiter.
Sein Sohn Sven Seibert, selbst langjähriges Mitglied, Dan-Träger und erfahrener Trainer, führt das Vermächtnis seines Vaters mit neuer Kraft und offener Haltung fort. Unterstützt von einem wachsenden Team engagierter Mitstreiter, richtet sich der Verband auf die Zukunft aus – mit Respekt vor der Tradition, aber auch mit dem Mut zu Veränderung und Weiterentwicklung.
Der KKD e.V. bleibt das, was er immer war: eine lebendige Gemeinschaft von Kampfkünstlerinnen und Kampfkünstlern, getragen von der Leidenschaft für das Kobudo – und offen für neue Impulse, neue Wege und neue Freunde.